Zukunft der Katholischen Sozialakademie Österreichs: Mut und Weitblick statt Abwicklung!

Die Österreichische Bischofskonferenz setzt die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksoe) derzeit stark unter Druck. Wir laden dazu ein, die Petition zur Erhaltung der ksoe zu unterzeichnen. Im Folgenden rebloggen wir aus diesem Anlass die am 24. Juli veröffentlichte Stellungnahme der Österreichischen Berg- und Kleinbäuer_innen Vereinigung (ÖBV) zu den Plänen der Österreichischen Bischofskonferenz.

Stellungnahme der ÖBV zur Zukunft der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe)

Anlässlich der coronabedingt verschärften finanziellen Probleme der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe) haben wir mit großer Sorge von den Plänen der Österreichischen Bischofskonferenz zur Zukunft der ksoe gehört.

Es ist uns ein großes Anliegen, uns als Österreichische Berg- und Kleinbäuer_innen Vereinigung (ÖBV) zur Frage nach der Zukunft der ksoe zu Wort zu melden. Denn wir halten die ksoe in ihrer bisherigen Arbeit, mit ihren innovativen, kritischen und weitsichtigen Beiträgen, Veranstaltungen und Initiativen für unverzichtbar. Gerade angesichts der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Herausforderungen, vor denen wir alle weiterhin stehen, ist die Bedeutung der ksoe besonders hoch. Gerade jetzt braucht es den Mut, neue Denkwege zuzulassen, braucht es Ideen, die unsere Hoffnung nähren und Projekte, die es ermöglichen, solidarische Wege gemeinsam zu beschreiten. Seit Jahrzehnten – seit der Gründung der ÖBV im Jahre 1974 – steht die ksoe aus unserer Sicht genau für das.

Der ksoe ist es mit ihren Lehrgängen immer wieder gelungen, Räume zur eigenständigen, mündigen und nachhaltigen Entwicklung zu öffnen. So sind Impulse und konkrete Ansätze für mehrere Generationen von Klein- und Bergbauern und -bäuerinnen in ganz Österreich angestoßen worden, die bis heute in vielen Bereichen lebendig und wirksam sind: auf Höfen und ihrer Schöpfungsverantwortung ebenso, wie im gesellschaftlichen Wirken im ländlichen Raum. Das ist nachhaltiges Wirken im besten Sinne. Diese Räume und diesen Geist braucht es heute notwendiger denn je.

Wir wollen die ksoe als jahrzehntelangen kompetenten, kritischen, verlässlichen, solidarischen und kreativen Partner in der Kirche nicht verlieren. Doch genau diese Gefahr sehen wir in den Verlautbarungen. Der Duktus des „Relaunch“ verheißt nichts Gutes. Auch wenn das Wort „Relaunch“ etwas Neues suggerieren soll, so bleibt doch zu befürchten, dass damit nichts anderes als ein Schlussstrich gezogen wird. Die konkret geplanten Abwicklungsmaßnahmen (der Inhalte und Strukturen, sowie die Kündigung aller Mitarbeiter*innen) sprechen da schon eine deutlichere Sprache.

Wir fordern zu mehr Mut auf, der ksoe in diesen schweren Zeiten den Rücken zu stärken und eine Reform anzustoßen, die von genau dem Geist getragen ist, für den die ksoe seit über 60 Jahren steht. Nur dann hat die Institution der ksoe tatsächlich eine Zukunft. Die Art und Weise, wie Veränderungen angegangen werden, enthält bereits die Saat für das, was neu entsteht. Und dafür gibt es eine gemeinsame Verantwortung.

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Wortmeldungen einzelner Mitglieder der ÖBV (wird laufend ergänzt)

Franz Rohrmoser, Konfliktforscher, Kuchl

Die von der Bischofskonferenz angedachte Abwicklung der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe) erschreckt mich: Bei einer „Neuaufstellung“ mit verordneter Kündigung aller Beteiligten werden genau jene Prozesse verhindert, über die wirklich Neues entstehen kann. Das führt dann Schritt für Schritt zu einer Schließung.

Das beunruhigt mich, weil ich nicht zuletzt deshalb in den letzten Jahrzehnten Mitglied der Kirche verblieben bin, weil es solche sozialkritische, für viele Menschen wegweisende Institutionen wie die ksoe in der Kirche gibt. Dazu gehört für mich auch die Laudato Si von Pabst Franziskus, in der der Pabst genau solche gesellschafts- und umweltkritischen Handlungen einfordert, wie sie die KSÖ seit Jahrzehnten konsequent durchführt.

Ich selber wurde 1973 von der ksoe zur Gründung der Österreichischen Bergbauern Vereinigung vermittelt. Die ersten Kontakte zur Gründung dieser Bauernorganisation mit ihrer besonderen Bedeutung als „Politik von unten“ fanden in den Räumen der ksoe statt. Zeitgleich im Herbst 1973 wurde von der ksoe eine Kommission gebildet zur Erfassung der „Situation und Zukunft der Bergbauern in Österreich“ bei der ich auch mitarbeiten konnte. Keine geringeren als Kardinal König und Bundeskanzler Bruno Kreisky standen hinter der Studie und dem Aufruf, mehr für Bergbauern und -bäuerinnen zu tun. Und das gelang auch tatsächlich. Die Bergbauern und -bäuerinnen erhielten dann mehr Zuwendung.

Matthäus Rest, Wissenschafler und Bauer, Vorstandsmitglied der ÖBV

Ziemlich genau mein halbes Leben ist es her, dass ich den Dreimonatskurs der ksoe gemacht habe. Jetzt habe ich gelesen, die Bischofskonferenz arbeitet an einem “Relaunch” der ksoe, der sich für mich mehr nach einer überhasteten Abwicklung anhört. Ich kann ihr nur empfehlen, es nicht zu tun. Sie würde sich damit tief ins eigene Fleisch schneiden.

Mich hat der Dreimonatskurs sehr geprägt. Vier Monate vorher war ich zurück nach Österreich gekommen, nach einem Jahr Gedenkdienst in Auschwitz. Ich war ziemlich durcheinander und wusste nicht so recht wie weiter. Damit mich niemand falsch versteht: in Auschwitz hatte ich weder meinen Glauben an Gott (das war vorher) noch den an die Menschheit (das war später) verloren, sondern die Zuversicht, dass es “nie wieder” Vernichtungslager geben würde. Im Dreimonatskurs war ich bei weitem der Jüngste – die anderen Teilnehmer/innen waren zwischen 30 und 65 und aus sehr unterschiedlichen Gründen dabei. Was uns zusammengebracht hat, war der Wunsch etwas Neues zu beginnen und uns Zeit zu nehmen um herauszufinden, was und wie und warum wir diesen Wunsch verspüren. Es war eine Gruppe sehr verschiedener Leute und ich habe es als sehr große Bereicherung empfunden, mit ihnen allen drei Monate lang an uns und unseren Visionen zu arbeiten. Mir hat das sehr geholfen.

Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass es Generationen von Dreimonatskursteilnehmer/innen so gegangen ist. Auch wenn es ihn seit Jahren nicht mehr gibt, hat der Kurs die deutschsprachige Zivilgesellschaft tief geprägt, weit über die römische Kirche hinaus. Wie alle wissen, ist die ksoe weit mehr als eine Organisation für “Managementtraining” wie von Kardinal Schönborn behauptet. Als Zentrum für die kritische Weiterentwicklung der katholischen Soziallehre ist sie unerlässlich. Deshalb hoffe ich zutiefst, dass die Bischofskonferenz zur Vernunft kommt und ihren Frontalangriff abbläst.