Zur »Neuaufstellung« der Katholischen Sozialakademie Österreichs. Beitrag von MARGIT APPEL in der neuen Ausgabe der Volksstimme.
Auch hier Corona. Aus »Verantwortung gegenüber den Kirchbeitragszahlern«, so der Generalsekretär der Bischofskonferenz Peter Schipka, habe man die Entscheidung zu einer inhaltlichen und strukturellen Neuaufstellung der ksoe treffen müssen. Denn die finanziellen Probleme der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe) hätten sich »coronabedingt« verschärft. Die Details der Entscheidung, von den Bischöfen bei ihrer Sommervollversammlung getroffen, haben es in sich. Für die auf ein Jahr anberaumte Sanierungsphase wird seitens der Bischofskonferenz ein zweiter Direktor eingesetzt: Die aktuell dreizehn MitarbeiterInnen wurden bereits über eine Auflösung ihrer Arbeitsverträge – »sozialverträglich« versteht sich – spätestens mit Juni 2021 informiert. Das mit dem »Relaunch« der ksoe betraute bischöfliche Dreierteam spricht zwar davon, »die Marke ksoe« zu erhalten und lädt allgemein zum Dialog über die Zukunft der ksoe ein – die Dialogbereitschaft mit Direktorin und Team hingegen hält sich in Grenzen.
Die im Oktober 1958 von der Österreichischen Bischofskonferenz eingerichtete ksoe setzte den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit von Anfang an auf Bildung, die zur Mitgestaltung von – wie es zunächst hieß – Gemeinden und Betrieben, später dann formuliert von »Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft« befähigen sollte. Arbeitswelt, Verteilungsfragen, Frieden und Versöhnung, Umwelt, Geschlechtergerechtigkeit – bis heute hat die ksoe keines der gesellschaftlich heißen Themen ausgelassen; ganz entsprechend ihrem Arbeitsauftrag: »Erforschung und Verbreitung der katholischen Soziallehre sowie Förderung ihrer Anwendung, um dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem und sozialethischem Gebiet zu dienen.« Für ihre innovativen Herangehensweisen an gesellschaftliche Herausforderungen wurde die ksoe innerkirchlich und über die katholische Kirche hinaus bekannt und als Kooperationspartnerin geschätzt.
Gleichzeitig setzte es all die Jahre harte Kritik, sowohl aus der katholischen Kirche selbst als auch seitens »wertkonservativer« Interessensvertretungen und politischer Gruppierungen.
Zum 25-jährigen Bestandsjubiläum im Oktober 1983 schrieb der damals für die ksoe zuständige Erzbischof Jachym: »Das Institut verdient Dank, weil es bemüht war, kirchliche Auffassungen zu vertreten, wenn auch seine Stimme nicht immer die des österreichischen Episkopates war.« Nun scheint es sich »ausgedankt« zu haben. Der eigene Weg der ksoe in der politischen Erwachsenenbildung, der Organisationsentwicklung, der Weiterentwicklung der katholischen Soziallehre und darin begründeter gesellschaftspolitischer Stellungnahmen ist an ein Ende gekommen. Die finanzielle Situation und die Anrufung der Interessen der KirchenbeitragszahlerInnen eignen sich vielleicht als veröffentlichungsfähige Argumente, haben aber einen schlechten Geschmack bei einer Einrichtung, die über Jahrzehnte zwei Drittel ihres Budgets selbst aufgebracht hat und wohl bislang keinen geringen Anteil daran hat, KirchenbeitragszahlerInnen bei der Stange zu halten! Die öffentliche Kritik am Beschluss der Bischofskonferenz zur »Neuaufstellung der ksoe« ist laut und kommt von vielen Seiten. Wie die Bischöfe wohl damit umgehen können? Könnte leicht sein, dass ihnen die in weiten Kreisen anerkannte Kompetenz und Erfahrung der ksoe in der Koordination von Dialogprozessen, wie etwa beim Sozialwort der christlichen Kirchen unter Beweisgestellt, unangenehm fehlt.
Margit Appel, freie Referentin und Autorin, war von 1998 bis 2018 wissenschaftliche Mitarbeiterin der ksoe.