Das neue Gesetz wurde im Verlauf einer Reihe trilateraler Konsultationen mit Unterstützung der ILO (der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen) entwickelt, um ein gerechteres und inklusiveres, menschenzentriertes Wirtschaftsmodell in Tunesien zu fördern.
ILO News / 24. Juni 2020
Der Gesetzentwurf zur Sozialen und Solidarischen Ökonomie (SSÖ) wurde am 17. Juni 2020 von der Versammlung der Volksvertreter*innen in Tunesien mit 131 Stimmen, keiner Gegenstimme und nur einer Enthaltung angenommen. Das Gesetz kann hier in arabischer Sprache downgeloadet werden.
Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, Wirtschaftswachstum und soziale Gerechtigkeit in Einklang zu bringen, indem ein ausgewogenes Zusammenwirken öffentlicher, privater und solidarökonomischer Institutionen gefördert wird. Ziel ist es darüberhinaus, die wirtschaftliche und soziale Integration benachteiligter und marginalisierter Bevölkerungsgruppen zu fördern, beispielsweise von Personen, die in isolierten, ländlichen Gebieten leben oder von erwerbslosen Jugendlichen. Sie sollen ermutigt werden, sich in Genossenschaften, gemeinsamen Organisationen oder Gruppen kollektiver Selbsthilfe zusammenzuschließen, die zur Verbesserung der Lebensgrundlagen und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen können.
Der Gesetzentwurf legt den Referenzrahmen für die SSÖ fest und grenzt sie ab. Er definiert die Art von Organisationen, die Teil der SSÖ sind, und Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um an den Strukturen und Mechanismen der SSÖ teilzuhaben.
Das neue Gesetz beschreibt drei institutionelle Strukturen für die Governance und Entwicklung der SSÖ: den Obersten Rat (Supreme Council) für SSÖ; die tunesische Kommission für SSÖ; und die repräsentativen Strukturen von Organisationen der SSÖ. In Bezug auf die Finanzierung sieht das Gesetz die Schaffung von Finanzierungslinien vor, die an SSÖ-Organisationen angepasst sind sowie die Gründung von Genossenschaftsbanken.
Die Verabschiedung dieser Gesetze ist Ergebnis eines langen Prozesses trilateraler Konsultationen. Die ILO hat während des gesamten Prozesses technische Unterstützung im Rahmen des von der niederländischen Regierung finanzierten Projekts „Promotion of Organizations and Mechanisms of Social and Solidarity Economy (PROMESS)“ geleistet. Durch seinen auf den sozialen Dialog ausgerichteten Ansatz hat das Projekt die Mitgliedsgruppen der ILO (Regierung, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände) und Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Entwicklung dieses Gesetzes unterstützt. Der Prozess profitierte von den strategischen Dokumenten und Standards der ILO wie z.B. der Empfehlung zur Förderung von Genossenschaften von 2002 (Nr. 193) im Allgemeinen und von der Expertise und Erfahrung der ILO auf dem Gebiet der kooperativen Politikentwicklung im Besonderen.
Neuere ILO-Projekte, darunter JEUN’ESS (finanziert von der Europäischen Kommission) und PAJESS (finanziert von der luxemburgischen Regierung), werden zur Umsetzung des neuen Gesetzes beitragen.
Bildnachweis: Houssem Abida spricht über LGBT Rechte in Tunesien via Wikimedia
ENGLISH Version
The Tunisian Parliament adopts a bill on the social and solidarity economy
The new law has been developed through a series of tripartite consultations with the support of the ILO to create an enabling environment for a more equitable and inclusive human-centred economic model in Tunisia.
News | 24 June 2020
The bill on social and solidarity economy (SSE) was adopted on 17 June 2020 by the Assembly of the Representatives of the People in Tunisia with 131 votes in favour, zero objections and only one abstention. The bill is available in Arabic here
The bill aims to balance economic growth and social equity by promoting equitable co-existence of the public, private and the social economy institutions. It also aims to promote economic and social inclusion of the disadvantaged and marginalized populations including those living in isolated, rural areas and unemployed youth by encouraging them to associate in cooperatives, mutual organizations or self-help groups that can help improve livelihoods and create jobs
The bill sets the reference framework for the SSE and provides a definition and boundaries for the SSE. It specifies the type of organizations that are part of the SSE and the conditions that need to be met to be included among the structures and mechanisms of the SSE.
The new law outlines three institutional structures for the governance and development of the SSE: the Supreme Council for Social and Solidarity Economy; the Tunisian Commission for Social and Solidarity Economy; and the representative structures of social and solidarity economy organizations. Concerning financing, the law provides for the creation of financing lines adapted to SSE organizations and the creation of cooperative banks.
The adoption of this laws is the result of a long process of tripartite consultations. The ILO has provided technical support during the whole process within the framework of the “Promotion of Organizations and Mechanisms of Social and Solidarity Economy (PROMESS) ” project financed by the Government of the Netherlands. Through its approach focused on social dialogue, the project has supported the ILO constituents (government, workers’ and employers’ organizations) and civil society organizations in the development of this law. The process has benefitted from the ILO’s strategic documents and standards like the Promotion of Cooperatives Recommendation, 2002 (No. 193) in general and from the ILO’s expertise and experience in the field of cooperative policy development in particular.
More recent and upcoming ILO projects, including JEUN’ESS (financed by the European Commission) and PAJESS (financed by the Government of Luxembourg), will contribute toward the implementation of the new law.